Attentate und Ungerechtigkeit: Was wir uns über die Zusammenhänge bewusst machen sollten

Wieder ein Anschlag. Diesmal in Dortmund. Diesmal auf den Fußball. Neben Entsetzen haben viele Menschen Angst. Angst ebenfalls Opfer zu werden oder geliebte Menschen zu verlieren. Daneben steigt Wut über den feigen Angriff auf, dessen Täter wohl nie ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Wie geht man nun in einer Welt damit um, die weder Sicherheit, noch Gerechtigkeit liefern kann? Mehr Sicherheit oder mehr Gelassenheit? Es wird Zeit sich die Ursachen bewusst zu machen. Und die finden sich in den unterbewussten Prozessen des menschlichen Gerechtigkeitsempfindens.

Um Ursachen zu erkennen müssen wir uns die Motivation der Täter zu ihren Taten vor Augen führen. Dazu vorab: Egal, aus welcher Gesinnung heraus gehandelt wurde: religiöse  oder ideologische Verblendung, irre Fussballfans (auch eine Art der religiösen Verblendung) oder mordende Neonazis wie die vom NSU (noch eine Art ideologischer Verblendung). Es gibt keine Rechtfertigung. Nie. Und es gibt auch keinen Schutz. Wie will man solch Verrückte – im wahrsten und eigentlichen Sinne des Wortes – abhalten? Mit Strafen? Mit mehr Videokameras? Mit mehr Polizei? Diese Maßnahmen erschweren die Taten, sie verhindern sie aber nicht. Um nicht falsch verstanden zu werden: Alle diese Maßnahmen sind notwendig, wichtig und richtig, aber sie werden nichts verhindern, weil die wahnsinnigen Täter andere Motive verfolgen.

Was wollen die Täter

Sie wollen Aufmerksamkeit für ihre Sache und verbreiten Schrecken als Machtdemonstration. Das soll den Adressaten der Gewaltbotschaft dazu bringen, ihr Verhalten zu ändern. Die eigentliche Motivation zu derart barbarischen Taten liegt aber ganz anders: Es ist das verletzte Gerechtigkeitsempfinden, dieser Täter. Sie wollen die Welt aus ihrer Sicht in Ordnung bringen. Und dafür setzen sie dann Gewalt ein, denn sie wollen auch strafen. Strafen für Verfehlungen, die nur in den kranken Hirnen dieser Täter existieren. Gerechtigkeit ist eben eine Emotion und die kann sehr fehlgeleitet sein. In der ganzen Diskussion um die Attentate wird das durchwegs vergessen. Es geht nicht um real existierende Zustände, sondern um deren verquere Wahrnehmung und verrückte Bewertung durch meistens abgegrenzte Menschen.

Gerechtigkeitsempfinden schlägt Realität. Leider!

Zum Beweis dafür dient die US-Wahl: Dort haben die sich ungerecht ausgegrenzte Fühlenden in der Wahlurne ihren Terroranschlag auf ihr eigenes Land verübt, indem sie einen Präsidenten wählten, der nicht mehr groß beschrieben werden muss. Jemand, der Versprechen abgab, die das Land sicher noch weiter in die Krise führen dürften und dessen Halbwertszeit seiner alternativen Fakten beachtlich kurz ist. Trotzdem haben die sich ungerecht behandelt fühlenden Wähler ihr Land durch ihre Wahl bewusst geschädigt, weil sie es den „Anderen“ heimzahlen wollten. Den aus ihrer Wahrnehmung ungerecht Bessergestellten! In anderen Worten: Das Gerechtigkeitsempfinden hat zugeschlagen, wenn auch mangels Alternative in eine womöglich für die ganze Welt falsche Richtung. Aber vielleicht lernt ja auch Präsident dazu…

Wie geht man damit nun um?

Die Welt muss sicher gerechter werden und die Menschen weniger abhängen, aber sie braucht, soll und darf nicht auf die verqueren Taten der Attentäter reagieren und sich einschränken lassen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass unsere freiheitlichen Bürgerrechte mehr und mehr eingschränkt werden und wir aus Angst uns obendrauf dann auch noch selbst beschränken. Denn: das kommt einer Kapitulation und einem Verrat unserer Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie gleich. Das gilt auch für die Wahlkabine! Einzig sollte es eine Warnung sein, wie schnell gefühlte Ungerechtigkeiten in Gewalt abdriften können. Noch ist es nicht zu spät. Mit sozialer Intelligenz ist das auch zu schaffen, wenn der Rechtsstaat mitträgt.